Der Stalker

Es juckt mich in den Fingern, über  "meinen Engel" zu schreiben.

Feinstoffliches Wesen, lang nicht mehr gesehen, verdünnisiert, unsichtbar gemacht, verflüchtigt, auf und davon. Luftikus?

Wie er wohl inzwischen aussieht? Ob er älter geworden ist. Ob die langen blonden Haare dünn und grau werden, sich vielleicht sogar eine kahle Platte auf seinem Kopf abzeichnet. Ob er sich altershalber eine Kurzhaarfrisur zugelegt hat oder den Kopf glatt rasiert, damit man die Platte nicht sieht. Ob er Brillenträger geworden ist, Grübel-Falten über der  Nasenwurzel hat, sein Augen müde und glanzlos geworden sind über dem Chaos meiner winzigen Welt. Ob er sich schäbbich lacht über mich. Ob ich seine Witzfigur bin? Ob er zu viel obergäriges Klosterbier trinkt und einen Bierbauch vor sich her bugsiert.

[Du sollst dir kein Bild machen …]

Vielleicht ist er einer dieser riesigen, düsteren Engel aus der Hagia Sophia. Mächtiger Schicksalsengel, immer gleich, aus dem Dunkel kommend, Dunkel in die Welt bringend, unheilverkündend, wie ein Schatten folgend, verfolgend.

Ein Stalker war er jedenfalls schon immer.


Foto: Beate Paland (CC BY-SA 3.0 DE)


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